OLG Köln, Urteil vom 10.02.2021 – 11 U 128/19 –

BGH, Beschluss vom 15.02.2023 – VII ZR 174/21 –

(Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Die Werkleistung muss den anerkannten Regeln der Technik entsprechen!

Sachverhalt:

Ein Auftraggeber (AG) beauftragt einen Unternehmer (U) auf der Grundlage eines BGB-Werkvertrages mit der Herstellung von Gipskartonwänden. Nachdem die Arbeiten fertiggestellt worden sind, kommt es zu Rissbildungen.

Nach entsprechenden Fristsetzungen verlangt AG von U Schadensersatz wegen mangelhafter Werkleistung. Dieser wendet ein, dass der AG auf die allgemeinen Hinweise des U hin auf eine fachgerechte Fertigstellung der Konstruktion der Trockenbauwände verzichtet habe. AG erhebt Klage gegen den U auf Schadensersatz.

Urteil:

U unterliegt in dem Rechtsstreit.

Der von dem Gericht beauftragte Sachverständige hat zahlreiche Risse im Bereich der Anschlüsse der Trockenbauwände an die Decke, im Bereich von Wand-Wand-Anschlüssen sowie an den Fugen der Plattenanschlüsse an den Decken und Wänden festgestellt. Diese seien auf eine nicht fachgerechte Konstruktion der Wände zurückzuführen.

Es lässt sich in dem Rechtsstreit nicht beweisbar feststellen, dass U den AG auf Bedenken hingewiesen hat. Insbesondere lässt sich nicht feststellen, dass AG auf eine fachgerechte Fertigstellung der Konstruktion der Trockenbauwände verzichtet habe.

Das OLG Köln stellt noch einmal klar, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) eine rechtsgeschäftliche Zustimmung des AG zu einer hinter den allgemein anerkannten Regeln der Technik zurückbleibenden Ausführung ausschließlich dann in Betracht kommt, wenn der U auf die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken im Rahmen eines Bedenkenhinweises klar, eindeutig und unmissverständlich hingewiesen habe. Eine Ausnahme gelte nur für den Fall, dass dem AG die Bedenken bekannt waren. Diese Voraussetzungen lagen nicht vor. Denn der U hat den AG weder auf das Risiko von Rissbildungen hingewiesen, noch bestanden Anhaltspunkte dafür, dass dem AG dieses Risiko „klar vor Augen“ stand.

fazit:

Sowohl bei einem BGB- als auch bei einem VOB-Werkvertrag muss der Auftragnehmer (AN) im Zeitpunkt der Abnahme die anerkannten Regeln der Technik einhalten. Diese gehören nach der einhelligen Rechtsprechung zur vereinbarten vertraglichen Beschaffenheit hinzu, auch ohne dass dies im Vertrag ausdrücklich geregelt wird.

Darüber hinaus muss die Leistung auch die üblicherweise zu erwartende Funktion erfüllen, selbst wenn in dem Vertrag eine bestimmte Ausführungsart vereinbart wurde, mit der der geschuldete funktionale Erfolg nicht erreicht werden kann.

Der AN kann sich nur damit „retten“, dass er einen ordnungsgemäßen Bedenkenhinweis gemäß §§ 4 Abs. 3, 13 Abs. 3 VOB/B gegenüber dem AG stellt. Der Bedenkenhinweis ist im BGB-Werkvertrag nicht normiert, gilt dort jedoch ebenfalls nach der einhelligen Rechtsprechung.

Der Bedenkenhinweis muss klar, eindeutig, schriftlich, nachweisbar, vor Beginn der Arbeiten gegenüber dem AG und nicht gegenüber z.B. einem Architekten erfolgen.

Die anerkannten Regeln der Technik sind mithin der Mindeststandard, der von dem AN eingehalten werden muss, es sei denn, er kann sich aus der Mängelhaftung durch einen entsprechenden Bedenkenhinweis befreien. An den Bedenkenhinweis sind strenge Anforderungen gestellt, da der AG ein Wahlrecht haben muss und sich dann „sehenden Auges“ für die Leistung entscheidet, die unterhalb der anerkannten Regeln der Technik liegt. Nur dann ist der AN aus der Gewährleistung heraus.

Autor:

Rechtsanwalt Goetz Michaelis

Fachanwalt für Baurecht und Architektenrecht  

ANWALTSKANZLEI MICHAELIS, Werne

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