OLG Frankfurt, Urteil vom 09.03.2023 – 15 U 295/21 –

BGH, Beschluss vom 02.08.2023 – VII ZR 65/23 –

(Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Erfordernis einer bauablaufbezogenen Darstellung bei Bauzeitverlängerungen

Sachverhalt:

Ein Auftragnehmer (AN) wurde von einem Auftraggeber (AG) beauftragt Rohbauarbeiten an einem Objekt durchzuführen.

Aufgrund unstreitiger Schadstofffunde kommt es zu einer Bauzeitverlängerung.

AN macht gegenüber dem AG im Wege eines Nachtrags aus geänderter Leistung gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B wegen der nicht von ihm zu vertretenden Bauzeitverzögerung und der damit verbundenen vermeintlichen störungsbedingten Unterdeckung sowohl Allgemeine Geschäftskosten (AGK) als auch Wagnis und Gewinn sowie Produktivitätsverluste und witterungsbedingte Leistungsbehinderungen sowie schließlich Vorhaltekosten geltend.

Nachdem eine außergerichtliche Einigung nicht erfolgte, klagt AN diese Kosten ein.

Urteil:

Der AN unterliegt in dem Rechtsstreit.

Grundsätzlich kann ein AN auch auf der Grundlage von angeordneten Änderungen des Bauentwurfs über § 2 Abs. 5 VOB/B bauzeitbedingte Mehrkosten geltend machen.

Allerdings scheitert vorliegend der Anspruch bereits daran, dass keine bauablaufbezogene Darstellung erfolgt ist. Diese erfordert eine konkrete Darstellung der Ist- und Soll-Abläufe. Der AN hat mithin konkret darzustellen und im Zweifel zu beweisen, wie er den Bauablauf tatsächlich geplant hat und welche Teilleistungen er in welcher Zeit mit welchem Arbeitskräfteeinsatz ausführen wollte. Diesem Soll-Ablauf ist dann der tatsächliche Bauablauf gegenüberzustellen. Dabei ist es erforderlich, dass sämtliche einzelnen Behinderungstatbestände aufgeführt und deren tatsächlichen Auswirkungen auf den Bauablauf schlüssig erläutert und bewiesen werden.

Unabhängig davon fehlte es an einer nachvollziehbaren und schlüssigen Berechnung des Mehrvergütungsanspruchs auf der Grundlage der tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge für AGK, Wagnis und Gewinn.

fazit:

Immer wieder ist deutlich darauf hinzuweisen, dass Ansprüche aus Behinderungen den AN bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung vor fast unlösbare Hürden stellen.

AN muss zunächst darlegen, dass er die Behinderung angezeigt hat außer bei Offenkundigkeit, die Behinderung später abgemeldet hat und dann eine bauablaufbezogene Darstellung fertigen und einreichen.

An diese bauablaufbezogene Darstellung werden von den Gerichten strenge Anforderungen gestellt, damit keine fiktiven Ansprüche durchgesetzt werden, sondern nur konkrete Ansprüche geltend gemacht werden können.

Im Grunde bedeutet dies im Klartext, dass – sobald die erste Behinderung auftritt – ein sehr sorgfältiger Soll-Ist-Abgleich vorgenommen werden muss und zwar für jede Behinderung getrennt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die § 2 Abs. 5 und § 2 Abs. 6 VOB/B dem AN einen Vergütungsanspruch für Mehrkosten, die tatsächlich entstanden sind, zubilligen. Ausgebliebene Umsätze für AGK, Wagnis und Gewinn stellen demgegenüber keine vorhabenbezogenen Mehrkosten dar. Mithin werden grundsätzlich nur solche bauzeitbedingten, tatsächlich erforderlichen Mehrkosten erfasst, die dem AN als Folge der Anordnung des AG entstanden sind und bei Ausführung in der ursprünglichen Art und Weise nicht entstanden wären. Maßgeblich ist somit, dass der AN nicht schlechter, aber eben auch nicht bessergestellt werden soll als ohne die Änderungsanordnung, mit der Konsequenz, dass auch nur die tatsächlich entstandenen Mehrkosten geltend gemacht werden dürfen.

Autor:

Rechtsanwalt Goetz Michaelis

Fachanwalt für Baurecht und Architektenrecht  

ANWALTSKANZLEI MICHAELIS, Werne

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