OLG Köln, Urteil vom 16.04.2021 – 19 U 56/20 –

BGH, Beschluss vom 15.03.2023 – VII ZR 449/21 – NICHTZULASSUNGSBESCHWERDE ZURÜCKGEWIESEN

Eine Leistung, die ohne Auftrag erbracht wird, ist von dem Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber und nicht nur dem Architekten anzuzeigen

Sachverhalt:

Grundsätzlich werden Leistungen, die ohne Nachtragsbeauftragung durch den Auftragnehmer (AN) ausgeführt werden nicht bezahlt. Das folgt unmittelbar aus § 2 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B.

Eine Ausnahme besteht jedoch für den Fall, wenn der Auftraggeber (AG) solche Leistungen nachträglich anerkennt. Eine Vergütung steht dem AN auch zu, wenn die Leistungen für die Erfüllung des Vertrages notwendig waren, dem mutmaßlichen Willen des AG entsprachen und ihm unverzüglich vom AN angezeigt worden sind. Dies folgt aus § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B. In dem vorliegenden Fall war streitig, ob der AN die Ausführung der Leistungen nur dem Architekten des AG angezeigt hatte oder diesem selbst.

Urteil:

Das OLG Köln stellte klar, dass auch durch die Prüfung einer Abschlags- oder Schlussrechnung durch den bauleitenden Architekten eine auftragslos erbrachte Leistung nicht automatisch nachträglich vom AG anerkannt wird. Zudem wird betont, dass auftragslos ausgeführte Leistungen dem AG unverzüglich anzuzeigen sind. Die Anzeige an den bauüberwachenden Architekten reicht demgegenüber grundsätzlich nicht aus.

fazit:

Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 8 VOB/B ist die unverzügliche Anzeige gegenüber dem AG unverzichtbare Voraussetzung für den Anspruch auf Vergütung einer auftragslos erbrachten, aber technisch notwendigen Leistung. Der AG soll nämlich über sämtliche Kostensteigerungen rechtzeitig informiert werden, damit er entsprechend reagieren kann. Sofern dies im konkreten Fall nicht erforderlich ist zum Schutze des AG kann eine solche Anzeige auch entbehrlich sein und trotz unterlassener Anzeige können dann Ansprüche bestehen. Exemplarisch ist dies der Fall, wenn keine Alternative zur sofortigen Ausführung der Leistungen durch den AN bestanden hat.

Wichtig für AN und AG ist jedoch, dass gemäß § 2 Abs. 8 Nr. 3 VOB/B die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag ohnehin unberührt bleiben gemäß §§ 677 ff BGB. Dies hat zur Konsequenz, dass selbst in den Fällen, dass ein Nachtrag nicht wirksam vom AG beauftragt worden ist, der AG die Leistung jedoch behalten möchte und nicht den „Abriss“ anordnet, davon auszugehen ist, dass auch auftragslos erbrachte und dem AG nicht angezeigte Leistungen ortsüblich zu vergüten sind, wenn ihre Ausführung technisch zwingend notwendig war. Daraus folgt der von mir häufig skizzierte eingängige Vers, wonach die Geschäftsführung ohne Auftrag auch abgekürzt wird GoA. In vielen Fällen bedeutet dies: „GoA und Geld ist da“. Dies soll verdeutlichen, dass zumindest in den Fällen, in denen Leistungen, die zwar nicht beauftragt worden waren, jedoch vom AG „anerkannt“ werden auf jeden Fall Zahlungen zu erfolgen haben, weil anderenfalls der AG für eine Leistung, für die er „sowieso“ hätte zahlen müssen, keinen Werklohn entrichten müsste. Hier dient die GoA als Korrektiv dafür, dass ein AG Leistungen, für die im Falle einer Nachtragsbeauftragung ein Werklohn zu zahlen wäre, auch ohne nachweisbare Beauftragung zahlen muss, damit er keinen ungerechtfertigten Vorteil erhält.

Autor:

Rechtsanwalt Goetz Michaelis

Fachanwalt für Baurecht und Architektenrecht  

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