Warum Handwerker glücklicher sind

Glück liegt in den Händen des Handwerks

Energiekrise, Lieferkettenchaos, Fachkräftemangel: wo aktuell der Fokus der Branche liegt, ist für alle offensichtlich. Sorgen sind da. Zeit für einen Perspektivwechsel. Zum Beispiel auf die drei wichtigsten Gründe, die laut Glücksforschung untermauern, warum das Handwerk glücklich macht. Ein Fokus, den Betriebe für sich nutzen können.

Sind Handwerker die glücklicheren Menschen? Was auf den ersten Blick nach einem Werbeversprechen klingt, ist auf den zweiten Blick genau das: Ein tolles Versprechen, das Betriebe tatsächlich geben können. Denn ja, nicht nur die Glücks-Umfrage des Zentralverbands des Deutschen Handwerks vor wenigen Jahren, sondern auch eine aktuelle Umfrage der IKK classic bestätigt: die meisten Handwerker sind glücklich – und machen glücklich.

Gesund & glücklich

In ihrer repräsentativen Studie “So gesund ist das Handwerk” fand die IKK classic unter wissenschaftlicher Leitung von Prof. Dr. Ingo Froböse bereits 2020/21 heraus: Handwerkerinnen und Handwerker haben eine hohe Arbeitszufriedenheit.

Dieser Trend setzt sich in der aktuellen Befragung von 699 Handwerkerinnen und Handwerkern fort, die das Marktforschungsinstitut GfK im November und Dezember 2022 im Auftrag der IKK classic durchgeführt hat. Die telefonische Umfrage fokussierte diesmal das Thema „Zufriedenheit und Glück im Beruf“. Parallel wurden in einer Onlinebefragung 1.318 berufstätige Männer und Frauen über 18 Jahre zum gleichen Thema durch die GfK befragt.

Umfrage bestätigt: Handwerk macht glücklich

„Mein Beruf macht mich glücklich!“. Kennen Sie? Immerhin schließen sich fast 80 Prozent der durch die GfK im Auftrag der Krankenkasse befragten Beschäftigten im Handwerk und 87 Prozent der Arbeitgeber dieser Aussage an. Laut Umfrage scheinen sie damit deutlich glücklicher als die Durchschnittsbevölkerung zu sein – lediglich 55,3 Prozent teilen diese Aussage ganz oder teilweise, 17 Prozent der Gesamtbevölkerung sind gar nicht oder kaum glücklich im Beruf.

Glück ist ein komplexer Begriff. Jeder kennt ihn, viele streben auf unterschiedliche Weise nach dem, was sie selbst für Glück halten. Fast alles, was wir Menschen tun, kaufen, uns wünschen oder verändern, machen wir, um glücklicher zu sein. Aristoteles beispielsweise beschrieb Glück als das höchste Gut und Ziel des menschlichen Lebens und ging davon aus, dass man glücklich ist, wenn man macht, was dem eigenen Charakter und der individuellen Lebensaufgabe entspricht. Hier lässt sich der direkte Zusammenhang von Glück und Arbeit herstellen.

Die gelernte Tischlerin, Psychologie-Professorin und Glücksforscherin Prof. Dr. Ricarda Rehwaldt etwa beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Glück im Unternehmenskontext und zeigt sich über die Umfrageergebnisse keineswegs erstaunt. Im Gegenteil. Geht es nach ihr, hat das Handwerk großes Potenzial, Menschen glücklich zu machen, wie sie gegenüber handwerk.com betont. Dafür nennt sie drei Aspekte, die das tragende Fundament für Glück im Berufsleben bilden.

„Arbeit ist vom Prinzip her dafür prädestiniert, beim Menschen Sinnhaftigkeit und Potenziale zu erzeugen. Man tut etwas, was jemand braucht und was man am Ende sehen kann – das macht was mit einem.“

Ricarda Rehwaldt

3 Gründe, warum das Handwerk glücklich macht

Grundsätzlich, so die Psychologie, ist Arbeit wie geschaffen dafür, beim Menschen Sinnhaftigkeit und Potenzial zu entfalten. Ein Prinzip, das laut Rehwaldt gerade im Handwerk voll zum Tragen kommt. Schließlich gehen Handwerker einer schöpferischen Arbeit nach. Und die kann man sehen, fühlen und sogar riechen. Somit schaffen und erschaffen Handwerker mit ihrem Tun immer ein sichtbares Ergebnis. „Das macht was mit einem.“

Sinnempfinden: Viele Menschen fragen sich, ob ihre Arbeit Sinn ergibt. Eine Frage, die sich für Handwerker oftmals gar nicht erst stellt. Immerhin arbeiten sie mit ihren Händen, zum Beispiel wenn sie ein Dach decken, Fliesen legen oder einen Einbauschrank bauen, und können nach vollbrachtem Tagewerk mit eigenen Augen sehen, was sie geleistet haben. Die Arbeit spricht also nicht nur die eigenen Sinne an, sie macht auch den „Zweck“ des eigenen Tuns durch das Ergebnis sichtbar.

Selbstverwirklichung: Etwas tun, das man besonders gut kann, macht glücklich: Das wusste schon Aristoteles. In den häufig kleinen Handwerksbetrieben funktioniert dieser Ansatz meist sehr gut. Nicht nur die individuelle Profession, auch persönliche Vorlieben und Talente können in Teams, die sich gut kennen, arbeitsteilig ausgelebt werden.

Gemeinschaft: Die zitierte Umfrage ergab, dass das Gros der im Handwerk Beschäftigten den sozialen Rückhalt schätzt, fast 70 Prozent empfinden den eigenen Betrieb sogar als „zweite Familie“. Daneben hebt die Professorin den gelebten Gemeinschaftssinn als Glücksfaktor hervor, der sich mit Blick aufs Handwerk häufig in einem rauen, doch herzlichen Ton ausdrücke. Eine Sprache, die jeder lernen müsse, der neu im Handwerk anfange und mit der er letztlich dazu gehört.

Übrigens: Fast alle Befragten gaben bei der Umfrage der IKK classic an, dass sie ihre Arbeit nicht nur als sinnhaft empfinden, sondern auch stolz auf ihren Beruf sind. Ein großer Motivator ist dabei der Umstand, dass sie anderen Menschen mit ihrer Arbeit helfen. Wichtige Effekte von Glück.

Wie wirkt sich Glücksempfinden auf die Arbeit aus?

Glück ist etwas, das mehr wird, wenn man es empfindet und teilt. Anders gesagt: Glück, so betonen es zahlreiche Psychologen, strahlt auf andere ab und macht zugleich aufgeschlossener. Es entsteht etwas Positives, wenn Menschen das Gefühl haben, dass ihre Arbeit glücklich macht. Im Privaten also auch im beruflichen Umfeld. So ändert sich nicht nur das Betriebsklima zum Besseren – gute Laune steckt andere an. Auch sind glückliche Arbeitnehmer intrinsisch motiviert, sprich sie gehen der Arbeit und nicht allein des Geldes wegen arbeiten, sie binden sich stärker an ihrem Arbeitgeber und identifizieren sich mit dem eigenen Betrieb, sie sind kreativer und vor allem bereit, über den Tellerrand hinauszuschauen, was wiederum Innovationen, Leistungsfähigkeit und bessere Arbeitsergebnisse fördert.

„Glück ist das einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt.“

Albert Schweitzer, Arzt und Philosoph (1875-1965)

Wenn Glück so magisch wirkt, wirkt es auch nach außen. Und wird zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil, der aktiv bei der Suche nach Fachkräften und Auszubildenden genutzt werden sollte. Oder gibt es ein besseres Argument für den eigenen Betrieb zu werben, als glückliche Mitarbeiter, die das Arbeitsklima nicht nur als positiv, sondern sogar als „zweite Familie“ empfinden? Eben. Dazu Rehwaldt: „Wenn das Betriebsklima gut ist, berichten Mitarbeitende ganz anders von ihrer Arbeit.“ Sie erzählen beispielweise im privaten Umfeld von der erfahrenen Wertschätzung durch Kunden, Kollegen und Vorgesetzte. Ein wichtiges Pfund, das bei der Jobsuche entscheidend ist.

Denn wenn Mitarbeitende im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis vor allem Positives von der Arbeit berichten, ist das laut Glücksforscherin authentisch. Gerade im Handwerk spiele Authentizität eine übergeordnete Rolle, weshalb Mundpropaganda Betrieben schlussendlich bei der Etablierung einer Arbeitgebermarke unterstützt. Damit wird Glück zur Chefsache!

Glück ist Chefsache – ein Fazit

Sinnhaftigkeit, Wertschätzung, Stolz: Mitarbeitende und Vorgesetzte verfügen über enorme Ressourcen, die für eine Tätigkeit im Handwerk sprechen. In Zeiten, die von einem zunehmenden Fachkräftemangel gezeichnet sind, wird das Thema Glück zur Chefsache. Warum nicht in den sozialen Medien zeigen, was individuell glücklich macht? Hier empfiehlt die Professorin und Glücksforscherin Arbeitgebern, das Team einzubeziehen und statt „lächelnder Handwerker neben einem fertigen Werk“ lieber authentisch zu sein und etwas zu zeigen, das „individuell zu den Mitarbeitenden passt und sie begeistert hat“. Vorausgesetzt, die Person hat Lust darauf. Das kann beispielsweise ein besonders herausforderndes Problem sein, für das der betreffende Mitarbeiter eine Lösung gefunden hat, auf die er stolz ist. Denn, auch das betont Rehwaldt: Handwerker haben einen großen Berufsstolz. Den sollte man also auch gezielt ansprechen!

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