OLG DÜSSELDORF, URTEIL VOM 19.08.2021 – 5 U 39/20

DAS SCHARFE SCHWERT DER BAUHANDWERKERSICHERHEIT GEMÄß § 650 f BGB

Problem:

Ein Auftragnehmer (AN) verlangt von seinem Auftraggeber (AG) die Zahlung offener Werklohnforderungen einerseits und die Gestellung einer Bauhandwerkersicherheit aus einem vom AG gekündigten Generalunternehmervertrag andererseits.

Der AG erhebt im Hinblick auf die Kündigung des Werkvertrages und die Höhe der verlangten Sicherheit Einwendungen gegen die Forderung nach Gestellung einer Bauhandwerkersicherheit.

Urteil:

Der AN gewinnt den Prozess bezüglich der Bauhandwerkersicherheit.

Das OLG bestätigt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), dass Sinn und Zweck der Klage auf Gestellung einer Bauhandwerkersicherheit gemäß § 650 f BGB ist, dass der AN möglichst schnell und effektiv eine Sicherheit für den Fall ausbleibender Zahlungen des AG erhält.

Wenn die tatsächlichen Voraussetzungen für die Vergütung schlüssig dargelegt worden sind ist dem Sicherungsverlangen des AN stattzugeben und der AG ist grundsätzlich mit Einwendungen ausgeschlossen. Dies gilt auch noch nach der Kündigung eines Werkvertrages, wenn noch Werklohnforderungen offenstehen.

Da es sich bei dem Verlangen nach einer Bauhandwerkersicherheit um eine eilbedürftige Entscheidung handelt, kommen auch Beweisaufnahmen im Sicherungsprozess nicht in Betracht.

fazit

Die Bauhandwerkersicherheit gemäß § 650 f BGB ist für den AN ein extrem scharfes Schwert gegenüber dem AG.

Behauptet der AN noch eine Vergütungsforderung zu besitzen, kann er dem AG eine angemessene Frist von zwei bis drei Wochen setzen um eine Bauhandwerkersicherheit gemäß § 650 f BGB zu stellen.

Einwendungen zu Gunsten des AG gegenüber diesem Verlangen bestehen per Gesetz nicht. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob Leistungen schon erbracht worden, Mängel vorhanden sind oder aber die Kündigung erfolgte; mithin hat der AN direkt nach Vertragsabschluss, während der gesamten Bauausführung und selbst noch nach Abnahme und/oder Kündigung des Werkvertrages das gesetzlich verbriefte Recht, eine insolvenzsichere Bauhandwerkersicherheit vom AG zu verlangen.

Dem AG kann nur dringend angeraten werden, innerhalb der angemessenen Frist die Sicherheit zu stellen.

Geschieht dies nicht, kann der AN ohne Risiken

  • die Arbeiten einstellen,
  • den Vertrag kündigen und
  • wie vorliegend die Bauhandwerkersicherheit gerichtlich geltend machen mit den damit verbundenen erheblichen Mehrkosten zu Lasten des AG.

Lediglich die Avalzinsen bis 2 % hat der AN zu tragen, wobei diese durch den AG belegt werden müssen.

Die Bauhandwerkersicherheit kann sowohl bei einem VOB-Werkvertrag, als auch bei einem BGB-Werkvertrag beansprucht werden.

Ausschließlich dann, wenn der AG ein öffentlicher Auftraggeber ist, kann die Sicherheit nicht verlangt werden. Bei allen anderen Auftraggebern kann der AN die Bauhandwerkersicherheit verlangen, insbesondere bei Verträgen, die nach dem 01.01.2018 abschlossen worden sind auch bei privaten Bauherren.

Einem AN kann daher nur angeraten werden, in dem Falle, dass Werklohnforderungen vom AG nicht bezahlt werden wegen behaupteter Mängel, behaupteter fehlender Fälligkeit der Forderungen oder aber aufgrund der Tatsache, dass der AG wirtschaftlich in Schwierigkeiten steckt, die Bauhandwerkersicherheit zu verlangen.

Wird dann diese nämlich nicht gestellt, besteht wie dargelegt die Möglichkeit u.a. die Arbeiten einzustellen. Anderenfalls berechtigten Streitigkeiten nämlich den AN grundsätzlich nicht dazu die Arbeiten einzustellen. Vielmehr riskiert er dann seinerseits die Kündigung aus wichtigem Grund durch den AG.

Autor:

Rechtsanwalt Goetz Michaelis

Fachanwalt für Baurecht und Architektenrecht  

ANWALTSKANZLEI MICHAELIS, Werne

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